Lesprobe – Black Desire – Jamie

 

Black Desire - Jamie (Cover)

 

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Zitat …

Kapitel Eins

 

Immer noch fröhlich vor mich hingrinsend beobachtete ich Sean über die Schulter hinweg. Er saß in meinem Büro am Schreibtisch und las konzentriert die E-Mail der Entertainmentfirma. Als er die mitgeschickte Besetzungsliste öffnete, stach mir sofort der prägnante Name Yoon Jitae und sein Bild ins Auge und ich spürte wieder diesen seltsamen Stich in der Magengegend. Seufzend trat ich einen Schritt zurück und lehnte mich an die Fensterbank.
»Da spielt ja ein Asiate mit«, sagte Sean überrascht und drehte sich im Stuhl zu mir um.
»Das ist nicht irgendein Asiate, sondern ein Koreaner und zwar ein ganz bestimmter«, entgegnete ich lächelnd.
»Hm? Muss ich den kennen?« Er sah mich fragend an.
Ich leckte mir unbewusst über die Lippen. »Du hast ihn schon einmal gesehen. Kannst du dich an den Abend vor Angels Geburtstag erinnern? Der süße Asiate in Petes Bar?«
Sean legte die Stirn in Falten und dachte angestrengt nach. Plötzlich erhellten sich seine Gesichtszüge. »Du meinst den, mit dem du verschwunden bist?«
»Genau der. Er ist es!«, bestätigte ich und wanderte in Gedanken kurz zu besagter Nacht zurück. So schnell würde ich sie nicht vergessen.
»Wusstest du, dass er damit seine Brötchen verdient?«, erkundigte sich Sean mit einem verschmitzten Schmunzeln und betrachtete mich neugierig.
Jetzt war die Zeit gekommen ihm ein paar Details zu enthüllen, die ich bislang mit niemandem geteilt hatte. Vor allem musste ich ihn unbedingt überzeugen, den Film hier drehen zu lassen. Mein größter Wunsch war es, Jitae wiederzusehen. Das war die Chance, die sich kein zweites Mal ergeben würde. Sie war für mich wie ein Sechser im Lotto.
»Erst seit kurzem. Aber selbst wenn ich es vorher gewusst hätte, hätte es nichts geändert«, gestand ich kleinlaut.
»Wirst du gerade rot?«
Nervös biss ich mir auf die Unterlippe und setzte mich ihm gegenüber auf den Stuhl. »Vergiss mal die Darsteller«, wich ich ihm aus. »Der Dreh wäre die Gelegenheit, den Club noch bekannter zu machen.«
»Aber diese Art von Film könnte trotzdem negative Publicity mit sich bringen«, hielt Sean dagegen und ich befürchtete, dass er gleich endgültig die Anfrage ablehnte.
Ich musste anders an die Sache herangehen. Deshalb beugte ich mich nach vorne, um ein paar Dinge ins rechte Licht zu rücken. »Also davor brauchst du jetzt absolut keine Angst zu haben. Die Produktionsfirma ist schlichtweg die Beste und seriöseste in der Branche«, fing ich an zu erklären. »Die Filme sind heiß begehrt und nicht irgendein billiger Schund und die Firma ist für die Qualität ihrer Streifen bekannt. Dirty Stars on Film steht für Ästhetik und tiefgreifende Geschichten und fabelhafte Schauspieler. Wer in ihnen mitspielt, ist kein Niemand mehr, sondern ganz oben an der Spitze einer wirklich langen Reihe von Erotikdarstellern gelandet. Von einigen weiß ich sogar, dass sie inzwischen auch seriöse Filme drehen. Und was Jitae angeht … er ist in Sachen Erotik derzeit der Brad Pitt im Zenit seiner Karriere.«
Wie erwartet lachte Sean. Lässig stützte er den Ellenbogen auf die Tischplatte und legte sein Kinn in seine Handfläche. »Ein guter Versuch, mich zu überzeugen. Und woher weißt du das alles?« Plötzlich wirkte er nicht mehr ganz so abgeneigt.
Ich grinste ihn schief an. »Na ja … Leon und Joe haben mich aufgeklärt. Ach, scheiß drauf. Ich war im Internet surfen. Inzwischen habe ich mir all ihre Filme angeschaut.«
»Alle? Musst du nicht für die Semesterprüfungen lernen?«
»Lenk nicht ab«, grummelte ich und kehrte zum Thema zurück. »Das ist echt kein Müll. Glaub’s mir!«.
»Dann zeig mir einen!«, forderte mich Sean erheitert auf und doch merkte ich, dass er es ernst meinte.
Rasch stand ich auf und wir tauschten die Plätze. Meine Lieblingsfilme hatte ich mir abgespeichert und sie sogar gekauft. Ich suchte den besten heraus und präsentierte ihn Sean. Gespannt beobachtete ich sein Gesicht, während er sich den Kurzfilm anschaute. Doch am Ende konnte ich nicht deuten, ob er ihm zusagte oder nicht.
»Und? Was sagst du?«, hakte ich aufgeregt nach. Ich verschwieg ihm, dass dieser Film zu meinen absoluten Favoriten zählte.
Er lächelte mich an. »Durchaus nicht schlecht. Aber sag mal … ist er wirklich so ein Bringer im Bett?«
Mein Herz schlug ein wenig schneller. »Ich konnte nicht klagen.«
»Du hast ihn nur einmal getroffen«, gab er mir zu bedenken und stand auf. Sean zog seine Zigarettenschachtel heraus und bedeutete mir, das Gespräch im Freien weiterzuführen.
Kurz darauf saßen wir nebeneinander im Raucherbereich des Hinterhofs. Es war gut, dass wir nicht nach oben auf die Dachterrasse gegangen waren. Unser Gesprächsthema war nicht für Finns Ohren bestimmt. Der hockte zwar vermutlich am PC und zockte und hätte eh nichts mitbekommen, aber so war es mir lieber.
»Du hattest nur einen One-Night-Stand mit ihm«, nahm Sean den Faden wieder auf.
»Es lag nicht an mir. Wir haben auch Nummern ausgetauscht und schon ein paar Mal miteinander gechattet. Aber er braucht meist ewig zum Antworten und dann hat er auch nicht viel Zeit.« Seufzend sog ich den Rauch der Zigarette ein und stieß ihn wieder aus.
»Für mich liegt die Antwort auf der Hand.«
»Ach ja?« Neugierig blickte ich ihn an.
»Er ignoriert dich. Oder anders gesagt, er hat kein Interesse und ist nur höflich. Ich denke, für ihn war es wirklich nur eine einmalige Sache.«
Entschieden schüttelte ich den Kopf. »Also wenn, müsste ich mich arg in ihm täuschen. Wenn wir miteinander chatten, verstehen wir uns echt super. Deswegen raff ich es nicht, warum er immer so komisch reagiert. Zwischenzeitlich habe ich mir echt Sorgen gemacht und bei ihm nachgefragt, ob etwas Schlimmes passiert ist. Geantwortet hat er leider wie jedes Mal nur ganz knapp mit ›Mir geht’s gut‹. Verstehst du? Wenn ich ihm egal wäre, warum antwortet er dann überhaupt?«
»Sei ehrlich? Wie oft hast du ihm denn geschrieben?«, erkundigte sich Sean.
»Öfter«, gestand ich. »Glaub mir, der Haken liegt ganz wo anders.«
Er sah mich nachdenklich an. »Wie meinst du das?«
»Ich habe eine relativ gute Menschenkenntnis. Ich glaube, dass es ihm ernster ist, als es ihm lieb ist. Das kann ich fühlen.« Ich erinnerte mich an seine letzte Antwort vor drei Wochen. Würde ich ihm am Arsch vorbei gehen, hätte er nicht zurückgeschrieben und mir auch am Ende seiner Nachricht kein Küsschensmiley geschickt.
»Wie kommst du darauf?«
»Er hat einen ganz bestimmten Grund, weshalb er sich ständig zurückzieht.«
Sean legte mir besänftigend eine Hand auf die Schulter. »Hast du schon einmal daran gedacht, dass es ihm peinlich sein könnte, womit er sein Geld verdient?«
Unwirsch fuhr ich mir mit der Hand übers Gesicht. Es tat gut mit Sean darüber zu reden, doch gleichzeitig verspürte ich einen Hauch Angst, dass er etwas aussprechen könnte, das mir nicht gefiel. »Mann oh Mann! Warum ist das alles nur so verdammt verzwickt!«
»Ist dir dein Job eigentlich peinlich? Immerhin arbeitest du in einem Puff?« Sean grinste mich an.
»Genau so wenig wie dir dein Rumgeturtel mit Finn.«
»Mistkerl!«, konterte Sean aber keinesfalls beleidigt.
»Aber er weiß nicht, was ich tue. Ich habe es ihm nicht gleich auf die Nase gebunden, wenn es das ist, was du meinst.«
»Okay«, sagte er und zog das Wort lange auseinander. »Also lass mich einmal die Situation zusammenfassen. Wir haben einen hotty Erotikstar. Und wir haben einen hotty Manager in einem Edelclub. Beide schämen sich und reden nicht Tacheles. Nun zieht sich der eine zurück, weil er vermutlich Schiss hat, weil der andere seinen Job nicht akzeptieren könnte. Und der andere hält es kaum noch aus, weil der eine Schiss hat. Ihr beiden habt doch echt ’nen Knall!«
»Ich ziehe mich nicht zurück! Das will ich mal betonen!« Grummelnd holte ich tief Luft. »Was soll ich denn machen? Er reagiert ja nicht auf meinen Vorschlag uns zu treffen, damit ich ihm sagen kann, dass mir sein Job total schnurzpiepegal ist. So etwas kann ich ihm doch nicht einfach schreiben.«
»Aber sei doch mal ehrlich zu dir selbst. Wenn es dir ernst gewesen wäre, hättest du ihn früher gesucht. Bei seiner Bekanntheit hättest du ihn sofort gefunden«, kommentierte Sean, der offensichtlich mein Dilemma nicht verstand oder verstehen wollte.
Ich schüttelte seine Hand ab und stand auf. Aufgekratzt tigerte ich vor ihm auf und ab. »Davor hätte ich wissen müssen, was er macht, und hätte ich es gewusst, hätte ich ihn auch nicht suchen müssen! Verdammt noch mal!«
»Wir drehen uns im Kreis. Beruhige dich erst einmal wieder. Es gibt schon eine Lösung.« Seine Stimme klang ruhig, was mich gleich noch fahriger werden ließ.
»Und genau deshalb erwarte ich jetzt von dir, dass du mir hilfst!«, antwortete ich mit ernstem Unterton und blieb vor ihm stehen. Ich blickte ihm beinahe flehentlich in die Augen.
»Wie meinst du das jetzt schon wieder? Soll ich euch ein Drehbuch schreiben oder was?«
Ich schüttelte frustriert den Kopf. »Nein! Es reicht schon, wenn der Film im Club gedreht wird. Dann muss er herkommen. Verstehst du es jetzt endlich?«
Jäh legte sich ein dunkler Schatten über Seans Gesicht. Er war zu meinem Leidwesen immer noch nicht bereit, der Anfrage zuzustimmen. »Ach so. Das ist dein Plan. Du willst ihn vor vollendete Tatsachen stellen. Aber ob das der richtige Weg ist?«
»Mach bloß keinen Fehler!«, drohte ich ihm mit zusammengekniffenen Augen.
Wie aus heiterem Himmel lachte Sean vergnügt auf. Der Mistkerl hatte mich reingelegt. »Merkst du nicht, dass ich schon lange auf deiner Seite bin. So verzweifelt kenne ich dich gar nicht und das sagt mir, dass du es mehr als ernst meinst. Ich kontaktiere morgen die Produktionsfirma. Erst will ich wissen, was sie genau hier planen und ob der Film sich in dem Bereich bewegt, den ich gesehen habe. Denn gefallen hat er mir. Aber trotz allem, der gute Ruf des Black Desires geht vor.«
»Echt jetzt?« Ich strahlte von einem Ohr zum anderen.
»Echt jetzt! Und nun pflanz dich wieder hin. Du machst mich total nervös.« Feixend klopfte er mit der Hand auf den Platz neben sich und ich kam seiner Aufforderung nach.
»Nun bin ich aber echt neugierig. Habt ihr alle Stellungen ausprobiert, die im Film gezeigt wurden?«
Grinsend boxte ich ihm gegen den Oberarm. »Das werde ich dir sicher nicht auf die Nase binden.«
»Vergiss nicht. Ich habe gesehen, was er kann. Deshalb habe ich die leise Befürchtung, dass du mit manchen Verrenkungen nicht klarkommst. Die sahen schon beim Zuschauen extrem unbequem aus.«
Zufrieden lächelte ich in mich hinein. Ich wusste nur zu gut, was in unserer einzigen gemeinsamen Nacht geschehen war. Jitaes Einfühlsamkeit zählte für mich zu einer Erfahrung, die ich so zuvor niemals erlebt hatte. »Er hat schon einiges drauf. Aber ein Gentleman genießt und schweigt.«
»Oh ho! Dann darf meine Fantasie jetzt auf Reisen gehen«, neckte er mich.
Nun war ich derjenige, der laut auflachte. Schließlich blickte ich flüchtig auf das Display meines Handys. »Bist du bereit für die nächste Neuigkeit?«, fragte ich ihn mit einer süffisanten Miene.
»Es gibt noch mehr?«
»Sozusagen. Bevor ich ins Loft kam, hatte ich eine kurze Unterhaltung am Telefon mit Mr Hayes, dem Filmproduzenten. Er rief kurz nach der E-Mail an. Ich habe ihn aus einer Laune heraus zur Party eingeladen. Er hat sich gefreut und wollte nach Drehschluss um zehn vorbeikommen. Jetzt ist gleich halb elf.«
»Du hast ihn eingeladen? Warum fragst du mich eigentlich, wenn es eh schon beschlossene Sache ist.« Sean fiel aus allen Wolken.
Ich straffte die Schultern. »Das gebietet mir mein guter Anstand.«
Er winkte erheitert ab. »Hör auf, Schleim zu scheißen, sonst rutschst du noch selbst darauf aus.«
»Du weißt, ich habe immer das Wohl des Clubs im Sinn. Und damit ihr euch gleich ein bisschen auf den Zahn fühlen könnt, kam mir diese Gelegenheit gerade recht. Du bist doch jetzt nicht wirklich sauer, oder?«
Sean hatte keine Ahnung, wie froh ich war, dass wir uns damals zufällig in der Bar über den Weg gelaufen waren. Seit ich ihn kannte, verlief mein Leben in völlig neuen Bahnen. Dazu zählte in erster Linie sein unglaubliches Vertrauen, das er in mich als Geschäftsführer setzte. Aber auch eine tiefe Freundschaft, die sich zwischen uns entwickelt hatte. Ohne ihn würde ich sicherlich immer noch anschaffen und nicht studieren.
»Ich bin nicht sauer«, sagte er und dennoch verschränkte er die Arme vor seiner Brust.
Wäre ich jetzt Finn, hätte er mir mit Sicherheit den Arsch versohlt. Er wusste aber auch, dass ich nichts tat, was negativ auf ihn zurückfallen würde. Manchmal brauchte er eben einen Schubs in die richtige Richtung und dieses Mal überschnitten sich zufällig die geschäftlichen und privaten Interessen.
»Redest du dann mit Mr Hayes?«, erkundigte ich mich und versuchte ihn anhand seines Gesichtsausdrucks einzuschätzen. Er wirkte nachdenklich und das war ein gutes Zeichen.
»Wenn er jetzt schon kommt, kann ich schlecht nein sagen.« Überraschend nahm er mich kameradschaftlich in den Schwitzkasten und wuschelte mir durch die Haare.
Lachend kämpfte ich mich frei und richtete mir wieder die Frisur. »Idiot«, schimpfte ich und erhob mich. Sodann reichte ich ihm die Hand und er ließ sich von mir auf die Beine helfen.
»Manchmal hast du es verdient. Na komm. Schauen wir nach, ob der Typ schon da ist, und hören uns an, was er zu erzählen hat. Außerdem wird mir allmählich kalt.«
»Wusste ich doch, dass dir die Idee gefallen wird«, witzelte ich beim Hineingehen und hätte vor überschwänglicher Freude gerade die ganze Welt umarmen können.
Sean blieb abrupt stehen. »Nicht so vorschnell. Das wird nur ein vorsichtiges Herantasten. Im Moment tu ich es nur dir zu liebe.«
»Ich weiß.« Ich zwinkerte ihm zu und ging weiter.
Wenige Momente später standen Sean und ich am Tresen. Die Rainbownight war im vollen Gange und alle Sitzplätze restlos besetzt. Der Tanzbereich war ebenso gut besucht, wie schon bei den vergangenen Partys der letzten Monate. Damit verdiente der Club die meiste Kohle. An zweiter Stelle kamen die VIP-Abonnements der überwiegend männlichen Kundschaft. Und falls der Dreh in diesen Räumlichkeiten stattfinden sollte, würde das Black Desire noch bekannter und hoffentlich gefragter werden. Der sechsstellige monatliche Umsatz war seit Eröffnung nicht von der Hand zu weisen und zeigte deutlich, dass unser Konzept aufging.
Plötzlich kam Barkeeper Franky zu uns herüber. »Hey, Sean! Hey, Jamie! Da drüber sind zwei Männer, die mit euch reden wollen.« Zur Unterstreichung deutete er zu einem nahegelegenen Tisch.
Neugierig wanderte mein Blick in besagte Richtung. Insgeheim hatte ich gehofft, Jitae wäre mitgekommen, doch dem war nicht so. Stattdessen entdeckte ich einen älteren untersetzten Mann mit Halbglatze und Brille. Sein pinkfarbener Anzug mit dem schwarzen Hemd war eine visuelle Herausforderung. Schriller Vogel war ein Scheiß gegen ihn. Das musste der Produzent sein. Seinen jüngeren Begleiter erkannte ich aus drei Filmen mit Jitae wieder. Er spielte in dem neusten Streifen den Part des stinkreichen Firmenerben. Mit seinem legeren Outfit und seiner lässigen Art erinnerte er mich an einen Playboy, obwohl er durchaus etwas Verheißungsvolles besaß. Ein wenig enttäuscht folgte ich Sean.
»Sie sind also Mr Ashton«, begrüßte der Produzent Sean. Er stand auf und beide reichten sich die Hand. »Ich bin Max Hayes, der Gründer von Dirty Stars on Film. Vielen Dank für Ihre Einladung.«
»Freut mich Sie kennenzulernen, Mr Hayes«, antwortete Sean mit einem Seitenblick zu mir und grinste mich verstohlen an. »Die Einladung kam von meinem Manager, Jamie Harris.«
Nun schüttelte er auch mir die Hand. Der süßliche Duft seines aufdringlichen Eau de Toilette stieg mir in die Nase und mir wurde übel. Sein strahlendes Gesicht ließ ihn dennoch sympathisch wirken. Er forderte uns auf, Platz zu nehmen, was wir auch taten.
»Das ist Blake Ross«, stellte er seinen Begleiter vor, der uns lediglich kurz zunickte. »Ich dachte, ich bringe ihn mit, damit er die Örtlichkeiten selbst begutachten kann. Er spielt eine der beiden Hauptrollen.«
»Das ist der Typ, der meinen Jitae begrabscht und das Arbeit nennt«, schoss es mir durch den Kopf. Ich biss mir auf die Zunge, damit ich die Worte ja nicht laut aussprach. Der Kerl behagte mir schlagartig gar nicht mehr. Er streckte seine Arme nach hinten und legte sie auf das Rückenpolster der Sitzecke ab. Ich musste das Putzpersonal dringend anweisen, hier alles gründlich zu desinfizieren. Sein Blick lag hinter einer Sonnenbrille verborgen. Doch ich hatte den Eindruck, als würde er mich anstarren.
»Heute haben wir die Außenaufnahmen eines anderen Projekts abgedreht. Bis zum Drehbeginn des neuen Films wird es noch einige Zeit dauern«, meinte Blake Ross und grinste schief.
»Und welche Vorstellungen hätten Sie im Bezug auf den Club? Noch mehr interessiert es mich, wie sie überhaupt auf uns gekommen sind?«, erkundigte sich Sean, der nebenbei für uns beide ein Glas Wasser bei Franky bestellt hatte, das gerade vor uns abgestellt wurde. Die beiden Gäste nahmen einen Schluck aus ihren Cocktailgläsern.
»Der Tipp kam von einem unserer Schauspieler. Daraufhin habe ich einen Blick auf ihre Webseite geworfen und war vollkommen angetan. Das ist genau das, was mir so vorschwebt. Sie verfügen sogar über einen SM-Raum. Dann müssten wir den nicht im Studio aufbauen. Das wäre perfekt!« Max Hayes begann in den höchsten Tönen vom Black Desire zu schwärmen und lobte gleichzeitig seine eigenen Filmproduktionen.
Ich hörte jedoch nur mit einem Ohr zu. Meine Aufmerksamkeit galt Jitaes Filmpartner Blake Ross. Dieser Kerl gab sich so verdammt schlüpfrig. Der Gedanke, dass seine schmierigen Finger den wunderschönen und leicht muskulösen Körper von meinem Asiaten schon mehr als einmal berührt hatten und das bald wieder tun würden, löste in mir einen Würgereiz aus. Ich spürte einen Knoten in der Magengegend, der mit jedem Atemzug wuchs. Als er schließlich seine Sonnenbrille doch abnahm, blickte ich in glänzende graue Augen.
»Hast du schon einmal daran gedacht, ins Filmbusiness einzusteigen?«, fragte mich Blake Ross auf den Kopf zu und beinahe hätte ich mich an meinem Wasser verschluckt.
Ich hustete und Sean klopfte mir auf den Rücken. Nachdem ich mich wieder gefasst hatte, sah ich ihn entgeistert an. »Wie kommen Sie denn darauf?«
»Bleiben wir einfach beim Du«, sprach er weiter und ich nickte bejahend. »Also hast du wirklich noch nie daran gedacht? Du bist ein richtig attraktives Kerlchen. Mit dir zu drehen, würde bestimmt Spaß machen. Vermutlich stehen die Männer bei dir Schlange. Wenn ich dich so anschaue, würdest du genau reinpassen. Faszinierendes Gesicht, ansehnlicher Körperbau und deine dunkelbraunen Augen sind der Oberhammer.«
Ich schluckte einen Kloß im Hals herunter. Die Zeit, in der ich mit meinem Körper Geld verdient hatte, lag endgültig hinter mir. »Ähm … nein danke. Ich ziehe es vor, weiter hier zu arbeiten.«
»Du solltest wissen, Jamie, Blake ist seit zwei Jahren mein Co-Produzent und er hat ein Auge für Neulinge«, sprach mich Max Hayes an und fragte gar nicht erst, ob er mich duzen durfte. »Ich bin zwar seiner Meinung, aber du kannst ja erst einmal in Ruhe darüber nachdenken. Wir haben schon einige Jungs entdeckt, die nun ganz oben stehen.«
Am liebsten hätte ich geantwortet, dass ich einen besser kannte, als er es sich in seinen kühnsten Träumen vorstellen konnte. Stattdessen schüttelte ich vehement den Kopf. »Nein. Danke.«, wiederholte ich bestimmender. »Ich bin sehr glücklich mit dem, was ich tue.«
Sean schenkte mir ein breites Grinsen. Dass ihm das gefiel, war ja so klar. Aber er rettete mich auch sogleich aus der peinlichen Situation. »Mr Hayes. Es freut mich, dass Ihnen unser Club gefällt. Was genau haben Sie sich denn vorgestellt? Wir können unser normales Geschäft nicht komplett schließen. Wir haben auch einige VIP-Kunden, die regelmäßig Termine bei uns buchen. Wir können es uns nicht leisten, sie zu verärgern.«
Max Hayes lächelte zufrieden, denn Seans Worte ließen bereits erahnen, dass er nicht abgeneigt war. »Natürlich. Natürlich«, bedeutete der Produzent. Er gab seinem Begleiter ein Zeichen und dieser holte einige Unterlagen hervor, die neben ihm auf der Sitzbank gelegen hatten. »Mit den ersten Filmaufnahmen werden wir frühestens Ende Mai beginnen. Wenn das mit dem Club klappen sollte, dann würden wir hier ab Juni abdrehen, insbesondere zum Leben der Callboys und dem zweiten Hauptdarsteller im Allgemeinen. Sein Leben steht im Vordergrund. Natürlich auch alle wesentlichen Szenen der Handlung. Die meisten sinnlichen Szenen stehen gegen Ende auf dem Plan.« Er legte kurz die Stirn in Falten und dachte nach. »Ich würde sagen, insgesamt siebzig Drehtage. Maximal achtzig. Es ist immerhin ein Film und nicht irgendein Ramsch. Wir würden ohnehin gerne tagsüber filmen und verschwinden, wenn der Club öffnet. Sagt Ihnen das zu, Mr Ashton?«
Ich trat Sean unter dem Tisch gegen den Unterschenkel. Das war perfekt! Die Filmcrew und die Gäste kamen sich nicht in die Quere. Aber vor allem war es meine Chance, in der ganzen Zeit Jitae zu sehen.
Sean blickte mich lächelnd an. »Hm. Das ließe sich vereinbaren.«
»Das klingt ja wunderbar!« Max Hayes grinste wie ein Honigkuchenpferd. »Ich verspreche Ihnen, sobald der Film in den Verkauf geht, wird sich das Black Desire vor Gästen kaum noch retten können. Der Club ist einfach genial. Er liegt sehr zentral und durch ihr gemischtes Publikum hat er seinen ganz eigenen Flair. Wir würden uns dann rechtzeitig bei Ihnen vor Drehbeginn melden. Sie brauchen sicherlich auch Vorlauf. Natürlich gibt es auch noch einen offiziellen Vertrag. Dann vereinbaren wir auch die genaue Höhe der Miete für diese Zeit.«
Mein Herz schlug immer wilder in meiner Brust. Nicht mehr lange und ich würde vor meinem Jitae stehen. Voller Tatendrang antwortete ich: »Das bekommen wir hin. Gibt es etwas, auf das wir achten müssen?«
»Nein«, sagte Blake Ross und er blickte mich wieder an, als wollte er mich mit einem Happs genüsslich verspeisen. »Aber es wäre von Vorteil, wenn unser zweiter Hauptdarsteller sich vor den Dreharbeiten ein wenig den Tagesablauf der Callboys ansehen könnte, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen. Vielleicht könnte er für einige Zeit hier wohnen, falls sie ein Zimmer frei hätten. Und möglicherweise haben die Jungs ja selbst Lust als Statisten aufzutreten. Dann wäre das Ganze noch natürlicher. Selbstverständlich würden sie für jeden Auftritt entlohnt werden.«
Plötzlich war ich Feuer und Flamme. Ich musste nicht zu Sean hinübersehen, um zu wissen, dass er diesen Wunsch keinesfalls abschlug. »Klar doch!«, platzte ich heraus und konnte mein Glück kaum fassen.
»Das mit dem Zimmer ist kein Problem. Überlassen Sie es ruhig Jamie. Er wird schon dafür sorgen, dass es Ihrem Hauptdarsteller gut geht«, bedeutete Sean und ich grinste dümmlich vor mich hin. Damit war endgültig klar, dass er mit dem Projekt einverstanden war.
»Wie wäre es denn, wenn Sie zuvor an einem unserer Sets vorbeischauen? Dann können Sie sehen, was auf sie zukommen würde«, wandte sich Max Hayes an Sean und wieder stieß ich ihn unter dem Tisch an.
»Wir am Set?« Sean wirkte keinesfalls begeistert. »Also ich bin mit meinen beiden Jobs ziemlich ausgelastet. Deshalb verlasse ich mich voll und ganz auf meine Mitarbeiter. Jamie, wenn du willst, kannst du da gerne hingehen und erstattest mir ausführlich Bericht.«
»Klingt nach einem Plan«, bestätigte der Produzent. »Es ist immer besser sich vorab etwas anzusehen, was man noch nicht kennt. Zurzeit drehen wir ja. Wenn Jamie will, kann er gerne jederzeit vorbeikommen und zusehen.«
»Ich bin dabei«, antwortete ich und konnte kaum noch mit dem Grinsen aufhören.
Erneut erklang von Max Hayes ein »Wunderbar!«
Blake Ross fuhr sich feixend mit den Fingern durch seine hellbraunen Haare. »Gut. Gebe es auch die Möglichkeit, dass wir einen Teil unserer Ausrüstung während des Drehs irgendwo lagern können? Dann müssten wir nicht ständig alles ein und wieder auspacken.«
Sean bettete seine Hand auf meinen Oberarm. »Das kriegen wir sicher hin. In der vierten Etage sind ohnehin ein paar Zimmer frei. Die können Sie als Lager benutzen. Jamie ist mein Manager. Wenn sie künftig Fragen haben, dann wenden Sie sich an ihn. Er ist hier der Verantwortliche. Ich garantiere Ihnen, er wird sich bestens um ihre Darsteller kümmern. Aber ich würde gerne mehr über die Handlung erfahren, ehe ich endgültig zusage. Könnte ich vielleicht eine Kopie des Drehbuchs bekommen.«
Ich nickte lächelnd. Und ob ich mich um die Darsteller kümmern würde, zumindest um einen.
Max Hayes zauberte wie aus dem Nichts ein Exemplar hervor und schob es Sean herüber. Der Titel ›Don’t be shy, Mr Cinderella‹ klang äußerst vielversprechend.
»Sie werden Ihre Entscheidung nicht bereuen«, beteuerte Blake Ross, hob sein Cocktailglas und prostete mir und Sean zu.
Ich konnte den Kerl immer noch nicht leiden. Ausgerechnet er würde mit Jitae seinen Spaß haben. Doch bevor es so weit war, würde ich auf jeden Fall ein klärendes Gespräch mit Mister Korea anstreben. Ich musste endlich wissen, woran ich war und ob ich mir Hoffnung machen durfte oder nicht.

© Madison Clark

 

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